Ziegelgitter: nützliche Zier
Luftige Baudenkmäler an steirischen Stadeln

Von Felix Obermair

„Giebelluckn“, „Stadlgitter“, „Schränkfenster“, „Liftl“ – das sind nur einige der vielen volkstümlichen Bezeichnungen für ein bauliches Phänomen, das vor allem an Heustadeln der Steiermark und Kärntens auftritt: Ziegellüftungsgitter. Anlässlich des Europäischen Kulturerbejahres 2018 lud das Internationale Städteforum Graz am Samstag, den 15. September zu einer Exkursion zu den Ziegelgittern der Südsteiermark. Ideator und Leiter der Exkursion war mit Architekt und Hochschulprofessor Hasso Hohmann niemand Geringerer als der Wieder-Entdecker dieser ortsbildprägenden, lange Zeit missachteten Lüftungselemente.

Hohmanns Buch „Giebelluckn und Stadlgitter“, 1975 im Grazer Verlag für Sammler erschienen, war das erste Standardwerk zu den innerösterreichischen Ziegelgittern überhaupt. Es bildete gleichzeitig auch für viele der alten Heustadel – samt Lüftungsgitter – den Anstoß zur baulichen Konservierung. Dass diese, zumindest in einigen Fällen, durchaus geglückt ist [in anderen weniger], konnten die Exkursions-TeilnehmerInnen unter der fachkundigen Führung Hohmanns mit eigenen Augen erkennen. Insgesamt 15 Stationen, von Graz-Liebenau beidseitig der Mur hinunter bis nach Leibnitz, wurden in der ganztägigen Tour besichtigt.

Doch wozu baute man in der Südsteiermark überhaupt Ziegelgitter in die Stadelgebäude ein? Der wohl triftigste Grund findet sich Anfang des 19. Jahrhunderts. Viele Bauersleute hatten begonnen, die bis dahin in Holzbauweise errichteten Wohn- und Wirtschaftsgebäude als Ziegelbauten neu zu bauen – kräftig unterstützt durch ein ziegelbauförderndes Prämiensystem der Brandschadensversicherungen. Um die natürliche Durchlüftung des in den Ställen gelagerten Heus zu gewährleisten, wurden giebelseitig Öffnungen ausgespart – Ziegellüftungsgitter.

Noch heute fasziniert an den Ziegelgittern der Südsteiermark die Vielfältigkeit der Formen, Symbole und Bautechniken. Beachtlich ist dabei, dass praktisch keines der Elemente von ausgebildeten Baumeistern ausgeführt wurde. Ungeachtet dessen finden sich unter den Ziegelöffnungen viele prachtvolle Rosetten, kunstvoll gesetzte Zweischicht-Gitter und beeindruckende Flechtwerke.

Auch der zunächst zufällig erscheinende Bezug auf gotische Kirchenfenster kommt nicht von ungefähr: War der Feuerteufel durch die neuen Ziegelkonstruktionen vorerst eingedämmt, sollten er, und jegliche anderen bösen Geister, dennoch durch das Vortäuschen einer Kirchenfassade ferngehalten werden. Kreuzförmige Öffnungen aller Ausprägungen [griechische, lateinische, Andreas- und Antoniuskreuze etc.] sowie Christusmonogramme [IHS] halfen hier auch noch tatkräftig mit. Andernorts finden sich gar muslimische Muster und jüdische Symbole.

Höhepunkt der Exkursion war zweifelsohne der Besuch des achteckigen Heubergeraums in Vasoldsberg südöstlich von Graz. Der in vielerlei Hinsicht bemerkenswerte, absolut unübliche Zentralbau besticht durch die dreidimensional aufgefalteten Ziegelgitter auf gleich zwei Ebenen. Der hölzerne, schirmartige Dachstuhl war leider nicht zugänglich – angeblich ist er noch älteren Datums als der Achteckstadel selbst. War der Bau 1975 noch in baulich sehr schlechtem Zustand, konnte er durch Hasso Hohmanns Einsatz unter Denkmalschutz gestellt, restauriert und wieder nutzbar gemacht werden.

Es bleibt zu hoffen, dass noch weitere dieser prachtvollen Stadelfronten unter Schutz gestellt werden können – Vasoldsberg hat leider noch keine NachahmerInnen gefunden. Ähnlich wie die am Samstag ebenfalls besichtigte Römerstadt Flavia Solva bei Wagna und Schloss Seggau bei Leibnitz sind die alten Wirtschaftsgebäude mit ihren kunstvollen Fronten stumme Zeugen der steirischen Geschichte, die es unbedingt zu bewahren lohnt.

Der Murradweg passiert in unmittelbarer südlicher Nachbarschaft zu Graz auf beiden Flussseiten ziegelgitterdurchsetzte Ortschaften (z. B. Feldkirchen, Kalsdorf, Dillach und Fernitz). Solange der Sommer sich noch so großzügig zeigt wie in diesen Tagen, lohnt sich eine Radtour mit baukulturellen Zwischenstopps bei den alten Stadeln der Südsteiermark gleich doppelt. Empfohlen sei an dieser Stelle auch eine Lektüre von Hasso Hohmanns Buch „Giebelluckn und Stadlgitter“, das leider nur mehr antiquarisch zu beziehen ist. Im Austria-Forum kann man eine digitale Version des Buches einsehen.

Von Felix Obermair

„Giebelluckn“, „Stadlgitter“, „Schränkfenster“, „Liftl“ – das sind nur einige der vielen volkstümlichen Bezeichnungen für ein bauliches Phänomen, das vor allem an Heustadeln der Steiermark und Kärntens auftritt: Ziegellüftungsgitter. Anlässlich des Europäischen Kulturerbejahres 2018 lud das Internationale Städteforum Graz am Samstag, den 15. September zu einer Exkursion zu den Ziegelgittern der Südsteiermark. Ideator und Leiter der Exkursion war mit Architekt und Hochschulprofessor Hasso Hohmann niemand Geringerer als der Wieder-Entdecker dieser ortsbildprägenden, lange Zeit missachteten Lüftungselemente.

Hohmanns Buch „Giebelluckn und Stadlgitter“, 1975 im Grazer Verlag für Sammler erschienen, war das erste Standardwerk zu den innerösterreichischen Ziegelgittern überhaupt. Es bildete gleichzeitig auch für viele der alten Heustadel – samt Lüftungsgitter – den Anstoß zur baulichen Konservierung. Dass diese, zumindest in einigen Fällen, durchaus geglückt ist [in anderen weniger], konnten die Exkursions-TeilnehmerInnen unter der fachkundigen Führung Hohmanns mit eigenen Augen erkennen. Insgesamt 15 Stationen, von Graz-Liebenau beidseitig der Mur hinunter bis nach Leibnitz, wurden in der ganztägigen Tour besichtigt.

Doch wozu baute man in der Südsteiermark überhaupt Ziegelgitter in die Stadelgebäude ein? Der wohl triftigste Grund findet sich Anfang des 19. Jahrhunderts. Viele Bauersleute hatten begonnen, die bis dahin in Holzbauweise errichteten Wohn- und Wirtschaftsgebäude als Ziegelbauten neu zu bauen – kräftig unterstützt durch ein ziegelbauförderndes Prämiensystem der Brandschadensversicherungen. Um die natürliche Durchlüftung des in den Ställen gelagerten Heus zu gewährleisten, wurden giebelseitig Öffnungen ausgespart – Ziegellüftungsgitter.

Noch heute fasziniert an den Ziegelgittern der Südsteiermark die Vielfältigkeit der Formen, Symbole und Bautechniken. Beachtlich ist dabei, dass praktisch keines der Elemente von ausgebildeten Baumeistern ausgeführt wurde. Ungeachtet dessen finden sich unter den Ziegelöffnungen viele prachtvolle Rosetten, kunstvoll gesetzte Zweischicht-Gitter und beeindruckende Flechtwerke.

Auch der zunächst zufällig erscheinende Bezug auf gotische Kirchenfenster kommt nicht von ungefähr: War der Feuerteufel durch die neuen Ziegelkonstruktionen vorerst eingedämmt, sollten er, und jegliche anderen bösen Geister, dennoch durch das Vortäuschen einer Kirchenfassade ferngehalten werden. Kreuzförmige Öffnungen aller Ausprägungen [griechische, lateinische, Andreas- und Antoniuskreuze etc.] sowie Christusmonogramme [IHS] halfen hier auch noch tatkräftig mit. Andernorts finden sich gar muslimische Muster und jüdische Symbole.

Höhepunkt der Exkursion war zweifelsohne der Besuch des achteckigen Heubergeraums in Vasoldsberg südöstlich von Graz. Der in vielerlei Hinsicht bemerkenswerte, absolut unübliche Zentralbau besticht durch die dreidimensional aufgefalteten Ziegelgitter auf gleich zwei Ebenen. Der hölzerne, schirmartige Dachstuhl war leider nicht zugänglich – angeblich ist er noch älteren Datums als der Achteckstadel selbst. War der Bau 1975 noch in baulich sehr schlechtem Zustand, konnte er durch Hasso Hohmanns Einsatz unter Denkmalschutz gestellt, restauriert und wieder nutzbar gemacht werden.

Es bleibt zu hoffen, dass noch weitere dieser prachtvollen Stadelfronten unter Schutz gestellt werden können – Vasoldsberg hat leider noch keine NachahmerInnen gefunden. Ähnlich wie die am Samstag ebenfalls besichtigte Römerstadt Flavia Solva bei Wagna und Schloss Seggau bei Leibnitz sind die alten Wirtschaftsgebäude mit ihren kunstvollen Fronten stumme Zeugen der steirischen Geschichte, die es unbedingt zu bewahren lohnt.

Der Murradweg passiert in unmittelbarer südlicher Nachbarschaft zu Graz auf beiden Flussseiten ziegelgitterdurchsetzte Ortschaften (z. B. Feldkirchen, Kalsdorf, Dillach und Fernitz). Solange der Sommer sich noch so großzügig zeigt wie in diesen Tagen, lohnt sich eine Radtour mit baukulturellen Zwischenstopps bei den alten Stadeln der Südsteiermark gleich doppelt. Empfohlen sei an dieser Stelle auch eine Lektüre von Hasso Hohmanns Buch „Giebelluckn und Stadlgitter“, das leider nur mehr antiquarisch zu beziehen ist. Im Austria-Forum kann man eine digitale Version des Buches einsehen.