Inselberge in der Bautenwildnis
Monadnock im Grazer HDA
von Felix Obermair
Inselberg ist die eigentliche Bedeutung von Monadnock, stellt sich nach kurzer Google-Recherche heraus. Doch als die zwei Niederländer Job Floris und Sandor Naus 2006 ihr neugegründetes Rotterdamer Architekturbüro so nannten, war auch eine Chicagoer Hochhaus-Ikone Namensgeber: Das Monadnock Building, ab 1891 nach Entwürfen von Burnham & Root gebaut und als massiver Klinkerbau ausgeführt, ist ein wahrer Blickfang, ein Landmark im Zentrum der Stadt. So sind passenderweise ikonische, prägnante und wohl auch zeitlose Landmarks die Stärke von Floris‘ und Naus‘ Monadnock.
Im Rahmen der EinWerk-Vortragsreihe des Grazer Architekturzeichensaals 3 gastierte Floris vergangenen Donnerstag im Grazer Haus der Architektur und gab Einblick in den Werdegang und die Arbeitsweise seines Büros. Das Gesetz der EinWerk-Vorträge besagt, dass nur ein, kürzlich fertiggestelltes, Werk präsentiert werden darf. Job Floris sprengte diesen Rahmen mit vier präsentierten Monadnock-Bauten klar – das Publikum verzieh es ihm angesichts der Qualität der Architekturen jedoch schnell.
Vor der Bürogründung 2006 arbeitete Büropartner Sandor Naus sechs Jahre lang bei den Kollhoff-Schülern von Rapp+Rapp, Floris hingegen bei den Koolhaas-Sprösslingen von MVRDV – wertvolle Zwischenstationen mit sehr unterschiedlichen Auffassungen von zeitgenössischer Architektur. Beide Partner hatten zuvor eine kunsthandwerkliche Ausbildung in Antwerpen genossen, mitten in einer „surrealistischen flämischen Existenz“, wie es Floris ironisch umschreibt. Für Auftragsarbeiten laut eigenen Angaben „zu gefürchtet, zu anspruchsvoll“, nehmen Monadnock heute hauptsächlich an Wettbewerben teil.
Der Reigen präsentierter Projekte startet mit einem Strandhaus an der Maas in Rotterdam. Innerhalb von nur einer Woche konzipiert und entworfen wirkt es wie ein Werbeplakat: Unter den fetten Weiß-auf-Rot-Lettern STRAND gelangt man in einen Atriumraum, der drei Zugangsvarianten zu Aussichtsterrasse und City Beach am Stadtfluss Maas bietet. Ein wenig Decorated Shed – sehr humorvoll, und mit geschlossener Vorder- und offener Hinterseite etwas janusköpfig, wie Floris anmerkt. Berenice Abbott und ihre Fotografien New Yorker Ladenfronten seien hier eine große Inspiration gewesen.
Ein City-Beach-Landmark? Nun gut, aber können Monadnock auch Fabriks- und Bürobauten in ihrem „Stil“ (Achtung, verbotenes Wort!) umsetzen? Sie können! Zumindest bei der Royal Tichelaar, einer Ziegelei im Örtchen Makkum. Nachdem Floris und Naus zunächst ein neues, höchst eingängiges Produktionsgebäude (ziegelrot!) mit einer virtuosen Sheddach-Variation geschaffen hatten, fiel dieses so positiv auf, dass auch die Firmenbüros nachsiedeln wollten. Der blau-weiße Zeltraum Schinkels im Berliner Schloss Charlottenburg inspirierte Monadnock zu einem weißen, mit Zeltdach versehenen Büroraum direkt im Fabriksgebäude. Federleicht in weiß und weiß-grau ausgeführt, hätte man im selben Gebäude kaum einen größeren Kontrast zur „schmutzigen“ Ziegelproduktion herstellen können. Die Rolltreppe am Eingang: ein Koolhaas-Zitat?
Floris widmet sich nun dem nächsten Monadnock-Inselberg: dem neuen Wahrzeichen von Nieuw Bergen. Einem Ort, der absolut nichts architektonisch Sehenswertes zu bieten hat, servierte das Büro eine zweistöckige Gebäude-Praline, ein „Shell House“ (Zit. Floris) mit zwei klar abgegrenzten Gebäudeebenen, bei dem man die Füllung bewusst wegließ. Einerseits Aussichtsturm, andererseits Stadtzentrum und Identifikationsmerkmal. Mission geglückt!
Auf das Atlas House, ein Wohnhaus schließlich, den eigentlichen Aufhänger des Vortrags, werde ich aus Rache an Floris‘ Sprengung des wohlüberlegten EinWerk-Konzeptes nicht weiter eingehen; doch auch hier wird wieder die beinahe manische Besessenheit (unendliche Modellversuche!) in der Formgebung der Monadnocks sichtbar. Auch scheinen Floris und Naus Gebäudehülle und Gebäudeinneres strikt getrennt zu konzipieren – das zeigt sich in den Außen-Innen-Gegensätzen ihrer Gebäude besonders stark.
Beim Sprechen über die eigenen Werke beeindruckt Floris durch seine fundierten architekturtheoretischen Einblicke und die ausführliche Herleitung eines jeden Gebäudedetails. Kein Detail, scheint es, wird dem Zufall überlassen. So wirken dann auch Fotos vom fertigen Nieuw-Bergen-Landmark noch fast zu perfekt, wie Modellbilder. Fast würde man es sich ob seiner Niedlichkeit als Miniatur in den Bücherschrank stellen wollen.
Alle Hüllen der vier präsentierten Gebäude sind, landmark-typisch, übrigens in Windeseile aufskizziert – mein Versuch umrahmt diesen Text.
von Felix Obermair
Inselberg ist die eigentliche Bedeutung von Monadnock, stellt sich nach kurzer Google-Recherche heraus. Doch als die zwei Niederländer Job Floris und Sandor Naus 2006 ihr neugegründetes Rotterdamer Architekturbüro so nannten, war auch eine Chicagoer Hochhaus-Ikone Namensgeber: Das Monadnock Building, ab 1891 nach Entwürfen von Burnham & Root gebaut und als massiver Klinkerbau ausgeführt, ist ein wahrer Blickfang, ein Landmark im Zentrum der Stadt. So sind passenderweise ikonische, prägnante und wohl auch zeitlose Landmarks die Stärke von Floris‘ und Naus‘ Monadnock.
Im Rahmen der EinWerk-Vortragsreihe des Grazer Architekturzeichensaals 3 gastierte Floris vergangenen Donnerstag im Grazer Haus der Architektur und gab Einblick in den Werdegang und die Arbeitsweise seines Büros. Das Gesetz der EinWerk-Vorträge besagt, dass nur ein, kürzlich fertiggestelltes, Werk präsentiert werden darf. Job Floris sprengte diesen Rahmen mit vier präsentierten Monadnock-Bauten klar – das Publikum verzieh es ihm angesichts der Qualität der Architekturen jedoch schnell.
Vor der Bürogründung 2006 arbeitete Büropartner Sandor Naus sechs Jahre lang bei den Kollhoff-Schülern von Rapp+Rapp, Floris hingegen bei den Koolhaas-Sprösslingen von MVRDV – wertvolle Zwischenstationen mit sehr unterschiedlichen Auffassungen von zeitgenössischer Architektur. Beide Partner hatten zuvor eine kunsthandwerkliche Ausbildung in Antwerpen genossen, mitten in einer „surrealistischen flämischen Existenz“, wie es Floris ironisch umschreibt. Für Auftragsarbeiten laut eigenen Angaben „zu gefürchtet, zu anspruchsvoll“, nehmen Monadnock heute hauptsächlich an Wettbewerben teil.
Der Reigen präsentierter Projekte startet mit einem Strandhaus an der Maas in Rotterdam. Innerhalb von nur einer Woche konzipiert und entworfen wirkt es wie ein Werbeplakat: Unter den fetten Weiß-auf-Rot-Lettern STRAND gelangt man in einen Atriumraum, der drei Zugangsvarianten zu Aussichtsterrasse und City Beach am Stadtfluss Maas bietet. Ein wenig Decorated Shed – sehr humorvoll, und mit geschlossener Vorder- und offener Hinterseite etwas janusköpfig, wie Floris anmerkt. Berenice Abbott und ihre Fotografien New Yorker Ladenfronten seien hier eine große Inspiration gewesen.
Ein City-Beach-Landmark? Nun gut, aber können Monadnock auch Fabriks- und Bürobauten in ihrem „Stil“ (Achtung, verbotenes Wort!) umsetzen? Sie können! Zumindest bei der Royal Tichelaar, einer Ziegelei im Örtchen Makkum. Nachdem Floris und Naus zunächst ein neues, höchst eingängiges Produktionsgebäude (ziegelrot!) mit einer virtuosen Sheddach-Variation geschaffen hatten, fiel dieses so positiv auf, dass auch die Firmenbüros nachsiedeln wollten. Der blau-weiße Zeltraum Schinkels im Berliner Schloss Charlottenburg inspirierte Monadnock zu einem weißen, mit Zeltdach versehenen Büroraum direkt im Fabriksgebäude. Federleicht in weiß und weiß-grau ausgeführt, hätte man im selben Gebäude kaum einen größeren Kontrast zur „schmutzigen“ Ziegelproduktion herstellen können. Die Rolltreppe am Eingang: ein Koolhaas-Zitat?
Floris widmet sich nun dem nächsten Monadnock-Inselberg: dem neuen Wahrzeichen von Nieuw Bergen. Einem Ort, der absolut nichts architektonisch Sehenswertes zu bieten hat, servierte das Büro eine zweistöckige Gebäude-Praline, ein „Shell House“ (Zit. Floris) mit zwei klar abgegrenzten Gebäudeebenen, bei dem man die Füllung bewusst wegließ. Einerseits Aussichtsturm, andererseits Stadtzentrum und Identifikationsmerkmal. Mission geglückt!
Auf das Atlas House, ein Wohnhaus schließlich, den eigentlichen Aufhänger des Vortrags, werde ich aus Rache an Floris‘ Sprengung des wohlüberlegten EinWerk-Konzeptes nicht weiter eingehen; doch auch hier wird wieder die beinahe manische Besessenheit (unendliche Modellversuche!) in der Formgebung der Monadnocks sichtbar. Auch scheinen Floris und Naus Gebäudehülle und Gebäudeinneres strikt getrennt zu konzipieren – das zeigt sich in den Außen-Innen-Gegensätzen ihrer Gebäude besonders stark.
Beim Sprechen über die eigenen Werke beeindruckt Floris durch seine fundierten architekturtheoretischen Einblicke und die ausführliche Herleitung eines jeden Gebäudedetails. Kein Detail, scheint es, wird dem Zufall überlassen. So wirken dann auch Fotos vom fertigen Nieuw-Bergen-Landmark noch fast zu perfekt, wie Modellbilder. Fast würde man es sich ob seiner Niedlichkeit als Miniatur in den Bücherschrank stellen wollen.
Alle Hüllen der vier präsentierten Gebäude sind, landmark-typisch, übrigens in Windeseile aufskizziert – mein Versuch umrahmt diesen Text.