NAUTISCHE SCHARLATANERIE

von Gernot Reisenhofer

Die kleinste Festival-Insel der Welt und eine kanale Landnahme zum 800. Geburtstag einer oststeirischen Landgemeinde. Zwei Installationen im Rahmen der Wasser Biennale 2018.

Günther Pedrotti ist Initiator sowie künstlerischer Leiter der Wasser Biennale, die sich als Projekt-Biennale versteht und das Medium Wasser für temporäre künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum nutzt. Als Betätigungsfeld dient dem in Wien lebenden Künstler dabei der periphere Kontext rund um seinen Heimatort Fürstenfeld in der Oststeiermark.

Ich treffe ihn bei den Vorbereitungen für die Installation Klein Venedig – eine kanale Landnahme in Söchau. Hier soll sich bis zum 6. Oktober die Umwandlung eines 300m langen Teilstücks des Dorfbaches in einen Wasserkanal a la Venedig vollziehen. Pedrotti und sein Helfer sind gerade dabei die dazu notwendigen temporären Staustufen zu errichten. Zurzeit kaum als Rinnsal wahrnehmbar wird man hier im Oktober in Boote steigen können, um als Betrachter vom Wasser aus das Ortsbild neu zu erkunden. Ein gewünschter Perspektivenwechsel, der die Struktur des Straßendorfs auf neue andere Weise lesbar machen wird. Nachempfunden bzw. in Erinnerung gerufen werden damit auch die nautischen Reisen eines gewissen Herrn Schmieds – genannt „Ahoi“ –, die im vorigen Jahrhundert mit einem selbstgefertigten Boot aus Möbelkästen eben auf diesem Bach bzw. der Rittschein (bei geeigneten Hochwasserstand) stattgefunden haben. Sein Ziel – das Meer –  blieb für ihn zwar unerreichbar, die legendären Fahrten sorgten jedoch damals schon für Aufsehen und wurden so Teil der Erzählungen der oststeirischen Landschaft. (1)

Ein weiteres Projekt der Wasser Biennale 2018 genannt Mariainsel wurde von dem aus Graz stammenden und in Wien lebenden international anerkannten Künstler Alfredo Barsuglia umgesetzt. Wie bei vielen seiner Projekte kommt auch hier ein Verwirrspiel zwischen Schein und Sein zum Tragen, das vor allem in seinen mitunter raumgreifenden architektonischen Installationen – wie dem „Social Pool“, den er 2014 in der Mojave Wüste verwirklichte, aber auch die „Carbinet“ genannte Installation im MAK aus dem Jahr 2015 – spürbar wird. 2

In Fürstenfeld lädt er zum Mariainsel-Kultur-Festival ein, weckt so die Assoziationen berühmter Städte mit deren Inseln und Festivals (Wien, Budapest, New York…) und stellt damit den Ort ins Zentrum des kulturellen Interesses der Region. Zu der dafür notwendigen Insel gelangt er, indem er eine Landzunge zwischen den Flüssen Feistritz und Hühnerbach mit einem 2 Meter breiten Kanal durchstößt und so eine 25 Quadratmeter große Insel entstehen lässt. Damit generiert er einen neuen öffentlichen Ort, der jedoch unklar definiert bleibt und somit zum Möglichkeitsraum und Sehnsuchtsort gleichzeitig mutiert.

Während der Sommermonate wurde die Insel mit Kunst, Performance und Musik bespielt – insgesamt wurden sechs Kuratorinnen und Kuratoren bestellt, die sich für das jeweilige Programm verantwortlich zeigten. Die abschließende Performance Rotten Bliss der Londoner Avantgarde-Cellistin, Vokalistin und Instrument-Erfinderin Jasmine Pender fand letzten Freitag auf Einladung von Thomas Edlinger (künstlerische Leiter des Donaufestivals in Krems, Radiomacher und Kulturjournalist) statt. Für alle Interessierten, die dies verpasst haben, gibt es eine wunderbare Aufzeichnung dieses Auftritts zum Nachsehen und Nachfühlen, der die Stimmung sowie die Präsenz des Ortes eindrücklich erlebbar macht.

Die Mariainsel – die übrigens nach dem häufigsten Namen der Gemeinde genannt wurde, ebenso wie der Franzkanal – ist offiziell noch bis 26. August Teil des Festivalprogramms, wird jedoch auch darüber hinaus zugänglich und bestehen bleiben. Informationen zum genauen Standort sowie zu den Dokumentationen der einzelnen Programmpunkte findet man auf www.mariainsel.at.

Die Eröffnung des interdisziplinären Projekts Klein Venedig – eine kanale Landnahme findet am 6. Oktober um 14 Uhr in der Gemeinde Söchau statt, womit auch bei dem allerletzten Programmpunkt des Architektursommers 2018 ein kleines Highlight auf Interessierte wartet!

(1) siehe auch: Broschüre zur Wasserbiennale 16/17 – Eine nautische Scharlatanerie, S.38
(2)  siehe auch: Text von Stephanie Weber über Alfredo Barsuglia

Von Gernot Reisenhofer

Die kleinste Festival-Insel der Welt und eine kanale Landnahme zum 800. Geburtstag einer oststeirischen Landgemeinde. Zwei Installationen im Rahmen der Wasser Biennale 2018.

Günther Pedrotti ist Initiator sowie künstlerischer Leiter der Wasser Biennale, die sich als Projekt-Biennale versteht und das Medium Wasser für temporäre künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum nutzt. Als Betätigungsfeld dient dem in Wien lebenden Künstler dabei der periphere Kontext rund um seinen Heimatort Fürstenfeld in der Oststeiermark.

Ich treffe ihn bei den Vorbereitungen für die Installation Klein Venedig – eine kanale Landnahme in Söchau. Hier soll sich bis zum 6. Oktober die Umwandlung eines 300m langen Teilstücks des Dorfbaches in einen Wasserkanal a la Venedig vollziehen. Pedrotti und sein Helfer sind gerade dabei die dazu notwendigen temporären Staustufen zu errichten. Zurzeit kaum als Rinnsal wahrnehmbar wird man hier im Oktober in Boote steigen können, um als Betrachter vom Wasser aus das Ortsbild neu zu erkunden. Ein gewünschter Perspektivenwechsel, der die Struktur des Straßendorfs auf neue andere Weise lesbar machen wird. Nachempfunden bzw. in Erinnerung gerufen werden damit auch die nautischen Reisen eines gewissen Herrn Schmieds – genannt „Ahoi“ –, die im vorigen Jahrhundert mit einem selbstgefertigten Boot aus Möbelkästen eben auf diesem Bach bzw. der Rittschein (bei geeigneten Hochwasserstand) stattgefunden haben. Sein Ziel – das Meer –  blieb für ihn zwar unerreichbar, die legendären Fahrten sorgten jedoch damals schon für Aufsehen und wurden so Teil der Erzählungen der oststeirischen Landschaft. (1)

Ein weiteres Projekt der Wasser Biennale 2018 genannt Mariainsel wurde von dem aus Graz stammenden und in Wien lebenden international anerkannten Künstler Alfredo Barsuglia umgesetzt. Wie bei vielen seiner Projekte kommt auch hier ein Verwirrspiel zwischen Schein und Sein zum Tragen, das vor allem in seinen mitunter raumgreifenden architektonischen Installationen – wie dem „Social Pool“, den er 2014 in der Mojave Wüste verwirklichte, aber auch die „Carbinet“ genannte Installation im MAK aus dem Jahr 2015 – spürbar wird. 2

In Fürstenfeld lädt er zum Mariainsel-Kultur-Festival ein, weckt so die Assoziationen berühmter Städte mit deren Inseln und Festivals (Wien, Budapest, New York…) und stellt damit den Ort ins Zentrum des kulturellen Interesses der Region. Zu der dafür notwendigen Insel gelangt er, indem er eine Landzunge zwischen den Flüssen Feistritz und Hühnerbach mit einem 2 Meter breiten Kanal durchstößt und so eine 25 Quadratmeter große Insel entstehen lässt. Damit generiert er einen neuen öffentlichen Ort, der jedoch unklar definiert bleibt und somit zum Möglichkeitsraum und Sehnsuchtsort gleichzeitig mutiert.

Während der Sommermonate wurde die Insel mit Kunst, Performance und Musik bespielt – insgesamt wurden sechs Kuratorinnen und Kuratoren bestellt, die sich für das jeweilige Programm verantwortlich zeigten. Die abschließende Performance Rotten Bliss der Londoner Avantgarde-Cellistin, Vokalistin und Instrument-Erfinderin Jasmine Pender fand letzten Freitag auf Einladung von Thomas Edlinger (künstlerische Leiter des Donaufestivals in Krems, Radiomacher und Kulturjournalist) statt. Für alle Interessierten, die dies verpasst haben, gibt es eine wunderbare Aufzeichnung dieses Auftritts zum Nachsehen und Nachfühlen, der die Stimmung sowie die Präsenz des Ortes eindrücklich erlebbar macht.

Die Mariainsel – die übrigens nach dem häufigsten Namen der Gemeinde genannt wurde, ebenso wie der Franzkanal – ist offiziell noch bis 26. August Teil des Festivalprogramms, wird jedoch auch darüber hinaus zugänglich und bestehen bleiben. Informationen zum genauen Standort sowie zu den Dokumentationen der einzelnen Programmpunkte findet man auf www.mariainsel.at.

Die Eröffnung des interdisziplinären Projekts Klein Venedig – eine kanale Landnahme findet am 6. Oktober um 14 Uhr in der Gemeinde Söchau statt, womit auch bei dem allerletzten Programmpunkt des Architektursommers 2018 ein kleines Highlight auf Interessierte wartet!

(1) siehe auch: Broschüre zur Wasserbiennale 16/17 – Eine nautische Scharlatanerie, S.38
(2)  siehe auch: Text von Stephanie Weber über Alfredo Barsuglia